So I’m painting a picture of your scar and I wanted you to know.

And what do I care? There is no problem. 
What did you do that for?
Of my face?

Not of your face, of your belly, of your scar on your belly.
It changed your life and everybody’s life too. 
Before the operation you didn’t take any medication, did you?

No no, now I take 7 per day.
But I tell you, I have no major problems with death. 

No.

Last December, while I was visiting Buenos Aires, things got clearer. I can understand him better now, after some time, how things are and how his body has changed, how his way of thinking changed, how the house also changed. Sometimes things take time to show themselves and their meaning. Even when all the elements are there from the beginning. It takes a kind of returning.

The figurative black and white paintings were drawn from pictures that I took two or three years ago of my father’s kitchen. At that time I didn’t know why I was taking them. I didn’t know what kind of documentation I was doing, but I knew that it was important. When I took a look at the photographs again after a while, there appeared among the daily objects these pill boxes and different medicaments. It was as if the medicines were reproducing themselves, taking over more and more space at a speed that was too fast to be noticed. Like an invasion. It reminds me of when you find rubbish on the seashore: it’s a sign that something else is going on, something bigger, something that’s probably very difficult to control and get rid of. There is certain information that isn’t shown directly to you, but it hits you sideways. “Lateral” relates to the side of a body, it evokes movement, a direction.

An unstoppable movement enters the reality of everyday life: the tumor had grown to the point that it was quite urgent to operate. Tumors are hidden as dormant information, but they are there; and their discovery produces a big revelation of a truth that shifts your attention and therefore shifts your priorities. There is an uncovering of topics that were taboo before. Death needs to be confronted, there is no choice, it is everywhere, as if it affects the density of the air, as if everything had death’s name on it. Maybe that is illness, just the apparition, the visibility of death. It is also the beginning of grief, in a way. It’s a preparation, like a sort of announcement, an annunciation. 

During this last trip to Argentina, I took a video while walking on a pier that leads to the very center of the Iguazu Falls. My niece is looking at this intense landscape with these many tons of water pouring over it, and she says, “When is this going to stop?” Talking about the water. And then, “Can the camera tell that I’m dying?” This question really caught my attention. It was as if she felt more vulnerable at that moment, as if seeing this enormous amount of water lost in its own speed—moving so fast it looks like a statue, like no movement at all, which will actually likely continue in this never-ending flow of water for much longer than the duration of her own life—had exposed her existence in time. And it was as if the camera, this magical apparatus that captures instants in time—could tell that she is mortal.


Text by Laura Langer, edited by Rosa Aiello,from an unpublished conversation between Martin Germann and Laura Langer


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Ich male also ein Bild von deiner Narbe, und ich wollte, dass du das weißt.

Und was kümmert es mich? Es gibt kein Problem.
Wofür hast du das getan?
Für mein Gesicht?

Nicht von deinem Gesicht, von deinem Bauch, von deiner Narbe auf deinem Bauch.
Es hat dein Leben verändert und das Leben aller anderen auch.
Vor der Operation hast du doch keine Medikamente genommen, oder?

Vor der Operation hast du doch keine Medikamente  genommen, oder?
Aber ich sage dir, ich habe keine großen Probleme mit dem Tod. 

Nein. 

Letzten Dezember, als ich in Buenos Aires war, wurden die Dinge klarer. Ich kann ihn jetzt besser verstehen, nach einiger Zeit, wie die Dinge sind und wie sich sein Körper verändert hat, wie sich seine Denkweise verändert hat, wie sich auch das Haus verändert hat. Manchmal brauchen die Dinge Zeit, um sich und ihre Bedeutung zu zeigen. Selbst wenn alle Elemente von Anfang an vorhanden sind. Es braucht eine Art Wiederkehr. 

Die figurativen Schwarz-Weiß-Arbeiten sind aus Fotos entstanden, die ich vor zwei oder drei Jahren von der Küche meines Vaters gemacht habe. Damals wusste ich noch nicht, warum ich sie aufgenommen hatte. Ich wusste nicht, was für eine Art von Dokumentation ich da machte, aber ich wusste, dass es wichtig war. Als ich mir die Fotos nach einer Weile wieder ansah, tauchten unter den Alltagsgegenständen diese Pillendosen und verschiedene Medikamente auf. Es war, als ob sich die Medikamente selbst reproduzierten und immer mehr Raum einnahmen, und zwar in einer Geschwindigkeit, die zu schnell war, um bemerkt zu werden. Wie eine Invasion. Es erinnert mich daran, wenn man Müll am Meeresufer findet: Es ist ein Zeichen dafür, dass etwas anderes im Gange ist, etwas Größeres, etwas, das wahrscheinlich sehr schwer zu kontrollieren und loszuwerden ist. Es gibt bestimmte Informationen, die einem nicht direkt angezeigt werden, sondern die einen seitlich treffen. “Lateral” bezieht sich auf die Seite eines Körpers, es erinnert an eine Bewegung, eine Richtung.

Eine unaufhaltsame Bewegung dringt in die Realität des Alltags ein: Der Tumor war so stark gewachsen, dass eine Operation dringend notwendig war. Tumore sind als schlummernde Informationen verborgen, aber sie sind da; und ihre Entdeckung führt zu einer großen Enthüllung einer Wahrheit, die unsere Aufmerksamkeit und damit unsere Prioritätenverschiebt. Es werden Themen aufgedeckt, die vorher tabu waren. Dem Tod muss begegnet werden, es gibt keine Wahl, er ist überall, als ob er die Dichte der Luft beeinflusst, als ob alles mit dem Namen des Todes versehen ist. Vielleicht ist das die Krankheit, nur die Erscheinung, die Sichtbarkeit des Todes. In gewisser Weise ist es auch der Beginn der Trauer.Es ist eine Vorbereitung, wie eine Art Ankündigung, eine Verkündigung.

Während meiner letzten Reise nach Argentinien habe ich ein Video aufgenommen, als ich auf einem Steg spazieren ging, der zum Zentrum der Iguazu-Fälle führt. Meine Nichte blickt auf diese beeindruckende Landschaft mit den vielen Tonnen Wasser, die sich über sie ergießen, und sie fragt: “Wann hört das endlich auf?” Sie spricht über das Wasser. Und dann: ”Kann die Kamera erkennen, dass ich sterbe?”Diese Frage hat meine Aufmerksamkeit erregt. Es war, als ob sie sich in diesem Moment verletzlicher fühlte, als ob der Anblick dieser riesigen Wassermenge, die sich in ihrer eigenen Geschwindigkeit verliert - die sich so schnell bewegt, dass sie wie eine Statue aussieht, als gäbe es überhaupt keine Bewegung, die in diesem nicht enden wollenden Wasserstrom wahrscheinlich viel länger anhalten wird als die Dauer ihres eigenen Lebens -, ihre Existenz in der Zeit offenbart hätte. Und es war, als könnte die Kamera, dieser magische Apparat, der Augenblicke in der Zeit einfängt, erkennen, dass sie sterblich ist.


Text von Laura Langer, editiert von Rosa Aiello, aus einem unveröffentlichten Gespräch zwischen Martin Germann und Laura Langer
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