“Teaism is a cult founded on the adoration of the beautiful among the sordid facts of everyday existence. It inculcates (…) the mystery of mutual charity (…). It is essentially a worship of the Imperfect, as it is a tender attempt to accomplish something possible in this impossible thing we know as life.”

Kakuzo Okakura, The Book of Tea (1906)


The history of tea is, like so many others, one filled with myths and legends.

According to some sources, the Chinese emperor and renowned herbalist Shen Nung was the first to drink what we now call tea. In 2737 BC, he was sitting beneath a tree while his servant boiled drinking water, when some leaves blew into the pot. Shen Nung tasted this accidentally created infusion .. and therewith introduced and established “tea” into the Chinese tradition. The tree was a Camellia sinensis, known today by its common name Tea Plant.

Whether this is a true story or not is not important here. We know today that many centuries before it had even been heard of in the West, tea drinking was an essential part of Chinese culture, becoming the national drink, in fact. Books were written on tea, the Ch’a Ching, or Tea Classic, and cultural traditions around tea such as the Japanese Tea Ceremony were developed in and outside of China in the following centuries.

In the Arabic region, where Osama Al Rayyan grew up, tea arrived in the first century AD via the Silk Road as soon as Arab merchants started trading it. Chinese silk along with other commodities from the “Far East” including tea were widely desired in Rome, Egypt, and Greece.
Interested in and appreciated for its medicinal properties, tea developed from a mere beverage to an essential part of the regional way of life as it became popular across Arabic countries. Tea now is an important part of the region’s culture and everyday life, creating situations of gathering, exchange, gossip, or simply ponder – collective situations that the lifestyle in the “West” rarely allows time and space for.

Depending on the region, different variations of tea are consumed, often with traditional brewing methods and specific accompaniments: mint tea in Maghrebi countries, anise tea in and around Egypt, and thyme tea in Lebanon, Palestine, and Syria.

Born in Damascus, Syria and thus raised within this ubiquitous culture of tea, Osama Al Rayyan naturally has a strong affiliation to this specific beverage.
Coffee may have replaced tea in his daily life since relocating to Switzerland in 2014 but tea surely hasn’t disappeared from his cultural reference system.
In fact, Al Rayyan’s own life is a sort of reflection of the history of tea, a history of movement and travel, cultural readjustment, adaptation, and syncretism.

The idea of “new ways of preparing tea“ evolved in this context out of conversations with friends and family members. It stands for revisiting established methods and ways of production, as a means of transmuting familiar patterns, experimenting, and exploring new paths, invoking the making of kinship and culture.

A painter at heart, at BRAUNSFELDER, Osama pairs his paintings with bronze sculptures and drawings.The figures on the canvases are evasive; the bronze heads seem to be sleeping or resting; the drawn faces are turned sideways, escaping direct eye contact. None of the figures represent or portray anyone in particular. They seem detached, as if in their own worlds. As a group, they accompany each other and quietly, beautifully occupy the space.

Perhaps creating new legends and myths.

Sandra Teitge

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„Der Teeismus ist ein Kult, der auf der Verehrung des Schönen inmitten der gemeinen Dinge des täglichen Lebens beruht. Er lehrt […] das Mysterium der Mildtätigkeit und die Romantik der sozialen Ordnung. […] Er bedeutet im Wesentlichen die Anbetung des Unvollkommenen, denn der Teeismus ist ein behutsamer Versuch, in diesem unmöglichen Etwas, das wir Leben nennen, das Mögliche zu erreichen.“

Kakuzō Okakura, Das Buch vom Tee (1906)


Die Geschichte des Tees ist wie so viele andere eine Geschichte voller Mythen und Legenden.

Einigen Quellen zufolge war der chinesische Urkaiser Shennong, ein berühmter Kräuterkundler, der erste, der das trank, was wir heute Tee nennen. Im Jahr 2737 v. Chr. saß er unter einem Baum, während sein Diener Trinkwasser kochte, als ihm einige Blätter in die Kanne fielen. Shennong probierte diesen zufälligen Aufguss und führte damit den „Tee“ in die chinesische Tradition ein. Der Baum war eine Camellia sinensis, die heute als Teepflanze bekannt ist.

Ob diese Geschichte wahr ist oder nicht, spielt hier keine Rolle. Wir wissen heute, dass das Teetrinken schon Jahrhunderte, bevor man im Westen davon hörte, ein wesentlicher Bestandteil der chinesischen Kultur war und sogar zum Nationalgetränk schlechthin wurde. Es wurden Bücher über Tee geschrieben, das Chajing (Der Tee-Klassiker), und kulturelle Traditionen rund um den Tee, wie die japanische Teezeremonie, entwickelten sich in den folgenden Jahrhunderten innerhalb und außerhalb Chinas.

In die arabische Welt, in der Osama Al Rayyan aufwuchs, gelangte der Tee im ersten Jahrhundert nach Christus über die Seidenstraße, als arabische Kaufleute damit zu handeln begannen. Chinesische Seide und andere Waren aus dem „Fernen Osten“, darunter auch Tee, waren in Rom, Ägypten und Griechenland sehr begehrt.
Durch das Interesse und die Wertschätzung seiner medizinischen Eigenschaften entwickelte sich der Tee von einem einfachen Getränk zu einem wesentlichen Bestandteil des regionalen Lebensstils, wie er in allen arabischen Ländern populär wurde. Heute ist Tee ein wichtiger Bestandteil der Kultur und des Alltags in der Region und begleitet Situationen des Zusammenkommens, des Austauschs, des Gossip (dt. Klatsch) oder einfach des Nachdenkens - kollektive Situationen, für die der „westliche“ Lebensstil selten Zeit und Raum lässt.

Je nach Region werden unterschiedliche Teesorten getrunken, oft mit traditionellen Zubereitungsarten und spezifischen Beilagen: Pfefferminztee in den Maghreb-Ländern, Anistee in Ägypten und Umgebung, Thymiantee im Libanon, in Palästina und Syrien.

Geboren in Damaskus, Syrien, und aufgewachsen in dieser allgegenwärtigen Teekultur, hat Osama Al Rayyan ganz selbstverständlich einen starken Bezug zu diesem Getränk.
Seit seinem Umzug in die Schweiz im Jahr 2014 mag der Kaffee den Tee in seinem Alltag abgelöst haben, aber aus seinem kulturellen Bezugssystem ist der Tee sicher nicht verschwunden.
Tatsächlich ist Al Rayyans eigenes Leben eine Art Spiegel der Geschichte des Tees, eine Geschichte der Bewegung und des Reisens, der kulturellen Adaption und des Synkretismus.

Vor diesem Hintergrund entstand in Gesprächen mit Freunden und Familienmitgliedern die Idee einer „neuen Art der Teezubereitung“ (New ways of preparing tea). Sie steht für die Rückbesinnung auf bewährte Methoden und Herstellungsweisen als Mittel zur Transformation vertrauter Muster, zum Experimentieren und zur Erkundung neuer Wege, die auf das Entstehen von Verwandtschaft und Kultur verweisen.

Osama ist im Herzen Maler – bei BRAUNSFELDER zeigt er neben seinen Gemälden auch Bronzeskulpturen und Zeichnungen.Die Figuren auf den Leinwänden sind schwer zu fassen. Die Bronzeköpfe scheinen zu schlafen oder zu ruhen. Die gezeichneten Gesichter sind zur Seite gedreht und entziehen sich dem direkten Blickkontakt. Die Figuren stellen keine bestimmten Personen dar, sind keine Porträts. Sie wirken unbeteiligt, als befänden sie sich in ihrer eigenen Welt. Im Zusammenspiel als Gruppe begleiten sie sich gegenseitig und besetzen in ihrer Schönheit und Stille den Raum.

Und vielleicht schaffen sie auch neue Legenden und Mythen.

Sandra Teitge
(Übersetzt vom Englischen ins Deutsche von Gérard A. Goodrow)
BRAUNSFELDER
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